Weihnachten muss man feiern!
Weihnachten ist vorbei, die
besinnlichen Tage liegen nun langsam hinter uns, ziehen gemächlich
vorüber wie eine Karawane an einer Oase inmitten der Wüste. Und
besinnlich waren diese Tage in der Tat. Auch ich ward besinnlich, das
sage ich euch. Ich dachte nach und dachte nach, ich dachte so viel,
dass mein Kopf zu schmerzen begann und ich deshalb das Denken gestern
gegen 2 Uhr nachmittags einstellen musste. Anschliessend hatte ich
unglaublich guten Sex, womit ich gleichzeitig ein altbekanntes
Sprichwort, in dem die Adjektive dumm und gut sowie das Nomen Sex die
aussagekräftige Rolle spielen, bestätigte.
Weihnachten feiert man bekanntermassen,
um die Geburt unseres Heilands Jesus Christus zu zelebrieren.
Natürlich, denke ich immer, wenn ich mir das vor Augen führe, ist
der Herr für uns arme Sünder am Kreuze gestorben, unter grossen
Qualen, wie man in diesem einen Film von Mel Gibson gesehen hat –
Payback hiess der, glaube ich - aber im Ernst, wie viele Menschen
haben schon das Glück, durch den Segen der Geburt gleich doppelt
beschenkt zu werden, also zur gleichen Zeit das Weihnachts- und
Geburtstagsgeschenk zu erhalten wie der Messias? Nicht viele, auch
ich nicht. Deshalb denke ich immer: Ein bisschen Pech muss auch sein
im Leben, mein lieber Herr Jesus.
Ganz ohne Zweifel, Jesus hatte ein
cooles Leben. Beispiel gefällig? Er war bekanntermassen ein Partylöwe, der Wasser in Wein verwandeln
konnte. Bei den Unterschichtsjugendlichen in der Agglomeration von
Nazareth, bei denen, die sich Wein nicht leisten konnten, im besten
Fall mal ein Bier der Marke Anker, war er aus offensichtlichen
Gründen Stammgast bei jeder Feier. Seine langen Haare, der Bart und
der lässige Kleidungsstil lassen heute darauf schliessen, dass Jesus
in der antiken Grungeszene verkehrte. Darüber ist sich die
Wissenschaft allerdings, wie über so vieles aus dem
geheimnisumwitterten Leben des Religionsstifters, nicht ganz einig.
Ziemlich klar ist aber, dass es eine Biographie wie die seine in der
heutigen Zeit kaum noch geben kann. Superlativen und Dramatik von der
Geburt bis zum Tod. Das antike Menschentum, das hiess Hipster sein
mit Leib und Seele. Schon allein die Umstände der Geburt wären
heute undenkbar:
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Jesus Luz - um ihn geht's hier nicht! |
Irgendein ranghoher Politiker befiehlt
eine Volkszählung. Heute sässen Josef und Maria an den Computer,
würden auf eine .gov Seite
surfen, dann ein Volkszählungsformular ausfüllen und abschicken.
Nicht zu Zeiten Jesu: Da sattelt man den Esel und geht, ohne vorher
ein Hotelzimmer zu buchen, einfach los, Kilometer weit weg in eine
andere Stadt, um seinen Namen auf ein Stück Pergament zu setzen.
Reist durch Nacht und Nebel, durch die Hitze des Tages, auf staubigen
Strassen, auf denen einem ständig kleine, pieksende Steinchen in die
Sandalen rutschen. Irgendwann, nach Strapazen, die einen kleinen
Reiseroman füllen würden, erreicht man seine Destination, nur um zu
bemerken, dass in Betlehem gerade Touristensaison ist und sowieso
Maria und Josef die einzigen nicht sind, die sich volkszählen lassen
müssen, daher alles, bis auf einen kleinen Stall, vollkommen
ausgebucht ist. Schliesslich kommt der Erretter der Welt zwischen
Kühen und Eseln, gebettet auf hartem Stroh, zur Welt. Hirten und Könige eilen herbei, sogar ein Engel steigt vom Himmel herab. Und
heute? Nun, die Könige wurden vor Jahren von der Revolution vom
Antlitz der Erde hinweg gefegt, die meisten jedenfalls, und die Engel
unserer Tage laufen in Strapsen und mit Spitzen verzierten
Büstenhaltern über die Laufstege von Unterwäscheherstellern namens
Victoria, während
die Hirten für die Schweizerische Volkspartei im Parlament sitzen.
Was
soll man sagen? Die antiken Menschen, das waren noch richtige
Hipster. Für das Epische ist heutzutage kein Platz mehr, nein.
Gerade deshalb muss man Weihnachten feiern.
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