Die Geschichte einer grünen Flasche

Liebes Tagebuch...

Als mich der unbändige Hunger das letzte Mal in einen McDonald's trieb, stand vor mir in der Schlange eine blinde Frau an. Ich erkannte das gleich dank meines detektivischen Verstandes, und ferner wegen der dunklen Sonnenbrille, die sie im Innern des Restaurants trug sowie des rotweissen Stocks für Sehbehinderte, den sie in der Hand hielt. Stand da und sah zu, wie die gute Frau ihre Bestellung tätigte, während sich in meinen Mundwinkeln bereits der Sabber anzusammeln begann – die Chicks übrigens stehen da drauf. Zu jedem bestellten Menu gab es an diesem Tag ein Trinkglas für den Kunden, erhältlich in unterschiedlichen Farben. Auch die blinde Dame vor mir erhielt eins, allerdings nicht bevor die nette Mitarbeiterin an der Kasse, die offensichtlich einen Hang zu ironisch angehauchten Spielereien hatte, sie fragte: Ist das grüne Glas ok oder möchten Sie eine andere Farbe?

Den Rest der Unterhaltung bekam ich nur am Rande mit, denn ich spürte mein Zwerchfell beben und wich auf eine andere Kasse aus. Ich hoffe nur, die Frau geniesst ihr neues Trinkglas, welche Farbe es nun auch immer haben möge. Ich habe übrigens kein einziges grüngefärbtes Glas zu Hause stehen, ich habe sogar extra nachgesehen. Dafür umso mehr grüne Flaschen, und zwar die des Bierherstellers Feldschlösschen, das ich manchmal abends vor dem zu Bett gehen trinke, um eine Stunde später mit drückender Blase ins Bad zu rennen und mir die Zehen an einem Stuhl, der aus unerklärlichen Gründen seit jeher in unserem Gang steht, mit lautem Gekrache anzustossen. Genossin M. schreit dann manchmal schlaftrunken aus dem Zimmer her, was denn los sei, ich fluche laut auf kroatisch zurück und sie weiss dann, dass ich und der Stuhl erneut aneinandergeraten sind.

Die wohl berühmteste grüne Flasche, die nicht bei mir zu Hause steht, sondern in letzter Zeit in allen Zeitungen unserer Alpenrepublik zu finden ist, heisst übrigens Jolanda Spiess-Hegglin. Die rassige Politikerin der Grünen Partei wurde berühmt, weil sie mit einem Gesinnungsgegner aus der Schweizerischen Volkspartei einen klassischen Quickie bei einer Feier hinlegte und später, als alles bekannt wurde, beteuerte, man habe ihr K.O.-Tropfen in ihr Getränk geschüttet, um sie gefügig zu machen. Dass erzkonservative, rechtsgerichtete Männer nicht gerade auf dem Gipfel weiblicher Sexualfantasien stehen, leuchtet ein, aber dass sie nur mit Hilfe von K.O.-Tropfen je zum Vergnügen kämen, sich zwischen den Schenkeln einer Frau zu verlieren, wage ich stark zu bezweifeln.

Tatsache: Die Laboruntersuchung ergab schlussendlich, dass die hübsche Jolanda, die mit dem Spiesser aus der gegnerischen Partei ein Nümmerchen geschoben hatte, nicht unter Einfluss von Drogen gestanden hatte.

Schade, dass gerade eine grüne Politikerin sich ihrer Leidenschaft schämt. Ich möchte Jolanda nur eines mit auf den Weg geben: In der Liebe und der Leidenschaft spielt die Farbe eine ebenso wichtige Rolle wie in der der Frage, ob man einer blinden Frau ein blaues, ein grünes oder pinkes Glas mit nach Hause gibt. Ob grün oder braun in der Gesinnung, ob gelb oder schwarz auf der Haut, liebt euch, wenn das Herz es euch gebietet.

Oder das Ding zwischen euren Beinen.

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