Reisebericht: Ab in den Süden (Teil II)

Irgendwo im Hinterland von Genf ergriff mich die Langeweile. Umarmte mich wie eine Hure, die sich ihr Abendbrot verdienen wollte und liess mich nicht mehr los. Als der Zug dahinrauschte und meine Augen auf die weiten Ebenen fielen, von der späten Nachmittagssonne eines Herbsttages beschienen, musste ich ihnen befehlen, offen zu bleiben.
Zerrend. Anstrengend. Doch es ging.
Ein kleines Stück fuhr ich also noch in der Schweiz, nachdem der Zug Genf verlassen hatte. Dann endlich kam Frankreich. Es war, dies ist mir damals so erschienen und jetzt, da ich schreibe, hat sich an dem Eindruck nichts geändert, nicht allzu schön hier gleich hinter der Schweiz. Weinberge überall; auf Hügeln, auf Feldern, an Ufern von Flüssen, die sich hier und da durch das rotgefärbte Land schlängelten. Die Wälder gerodet, das Gras... ich kann mich an Gras nicht erinnern. Nur braune Erde und darauf Weinreben. Eine gefühlte halbe Stunde. Hier, dachte ich, hätte man den Wein für die ganze Welt heranziehen können.

Doch wie alles ein Ende hat, das Schöne wie auch das Hässliche, wurden die Reben immer weniger. Die Welt des Weines ging über in ein mildes Grün, in Wälder und ein Bild, das ich ein Leben lang mit mir im Kopf tragen werde: Neben den Gleisen, auf denen mein Schnellzug durch die Landschaft dahinbrauste, ein Haus aus roten Ziegeln, bewachsen von Efeu und dazwischen schwarze Fenster, durchs Efeu spähend, die keinen Blick erwiderten und keine Auskunft darüber gaben, ob das Haus von Menschen bewohnt oder unbewohnt ist. Und vor diesem kleinen Palais aus roten Ziegeln, das sein Kleid aus grünem Efeu trug, ein Bächlein. Das Gesicht aller Zeiten neben diesem donnernden Zug, in dem ich sass. Ich war dankbar für dieses Bild, das ich so kurz sah und dann nicht mehr.

Aus den Gedanken holte mich das laute Gelächter dreier Frauen. Alt waren sie und hatten es lustig und noch lustiger wurde es, als der Zugführer sie um die Karten bat. Kokettieren und witzeln; gewisse Klischees müssen erfüllt werden. Es scheint zumindest so. Meine Augen konnte der Zugführer verständlicherweise nicht verzaubern und so reichte ich ihm meine Karte und sah wieder nach draussen.

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