Sonntagsliebe

Derjenige, dem dieser Text gewidmet ist, wird ihn wahrscheinlich nie lesen können. Aber ich muss alles niederschreiben, um meiner Seele Ruhe zu geben. Ich will eins klarstellen: Es war nicht Liebe auf den ersten Blick, was ich für sie empfand. Sie hat mich zu Beginn genervt, hat mich ständig umschwirrt, wollte mich nicht in Ruhe lassen. Ich muss zugeben, ich habe einige Male die Hand gegen sie erhoben. Sonst bin ich nicht so, bin die Ruhe in Person und halte, dem christlichen Grundatz folgend, auch die andere Backe hin.

Ihre Liebkosungen...

Ich hatte sie unzählige Male von mir gewiesen, sie geschlagen und verflucht. Doch sie kam immer wieder. Irgendwann erkannte ich die Schönheit in ihren zärtlichen Liebkosungen. Sie berührte mich dort, wo niemand sonst mich je berührt hatte: Wenn sie über die Innenseite meiner Schenkel mit ihren zarten Fingern glitt, durchfuhr ein himmlischer Schauer meinen Körper, und ihr lieblicher Gesang hatte die gleiche Wirkung auf mich wie das Schnurren einer Perserkatze. Ihre Berührungen auf meinen Lippen hievten mich für Augenblicke ins Nirvana.

So flossen unsere Stunden dahin wie ein azurblauer Fluss durch ein mondbeschienenes Tal in der venetianischen Tiefebene. Wir waren eins, sie und ich. Doch dann durchzuckten Blitze die frühlingshafte Nacht, unser Fluss trocknete aus - sie war fort. Zu Beginn liess sie ab von mir, hielt sich fast nur noch in der Küche auf und war mit Essen beschäftigt. Ab und zu kam sie noch zu mir, doch nur, um mich aus der Entfernung aus ihren grossen Augen anzustarren, aus ihren Augen, in denen ich ihre Gedanken nicht lesen konnte. Stumm stand sie da, strafte mich mit Schweigen, und ging dann wieder in die Küche. Dann, eines Morgens, war sie... fort. Zu Beginn trösteten mich noch die Gedichte Poes und verschiedene Liebesfilme, P.S. I love you beispielsweise. Manchmal auch eine Session auf Youporn, wenn ihr versteht, was ich meine. Doch wenn die Musik verstummt und der Bildschirm wieder dunkel war, sass ich da, alleine mit meiner Sehnsucht nach ihr.

Ich sah sie nie mehr wieder. Hörte sie nie mehr. Wo ich hinsah, war sie nicht. Es kamen noch einige nach ihr, die mir für ein paar Stunden Vergnügen im Vergessen bereiteten. Doch es war nicht dasselbe, nie wieder.

Keine war wie sie - meine Stubenfliege.


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