Ein Nachruf auf 2020

Allerliebstes Tagebuch,

Wir haben ein verrücktes Jahr hinter uns, amirite? Es wird in die Annalen der Geschichte eingehen, und, wie manche sagen, im Mülleimer der Geschichte landen. Teilt der bescheidene Verfasser dieser Zeilen diese Einschätzung auch? Nö, nicht ganz. Ich fand das Jahr 2020 ziemlich normal aus persönlicher Sicht, ich klammere den weltgeschichtlichen Kontext entschieden ignorant aus. Non me interesa el contexto historical - wie die Mexikaner zu sagen pflegen, falls sie das tatsächlich zu sagen pflegen, denn genau weiss ich es nicht, ich bin schliesslich kein Mexikaner.



Ich habe aber immerhin elf Tage gebraucht, um einen passablen Nachruf für das vergangene Jahr in Worte zu fassen, genauer gesagt: Ich war zu faul, dies früher zu tun. Nachrufe sind sowieso sowas von Mittelalter, sowas von Fall von Konstantinopel anno 1453. 

Und dennoch:


Im Jahr 2020 haben wir uns daran gewöhnt, Stoffmasken vor dem Mund zu tragen und uns mit unserem Kondensspeichel angefreundet. Gezwungenermassen. Der schweizerische Bachelor Alan hat im Finale die Rose einer Frau geschenkt, die ihren Lebensunterhalt damit verdient, Fotos ihrer Kunden durch einen Filter zu jagen und dafür Geld zu verlangen. Und während auf der Welt ein Virus grassiert hat, das wie ein wirklich leckeres Bier schmeckt, haben die USA ihren langsamen Verfall begonnen, gesehen oder bereits wieder hinter sich gelassen? Keine Ahnung - die Zeit wird es zeigen. Nordamerika war für mich ohnehin spannender als das biergetaufte Virus. Öde Krankheiten, kleine und grosse, gibt es ständig, einen zivilisatorischen Untergang von der Grössenordnung “Zerfall des Römischen Imperiums” sieht man zu eigenen Lebzeiten jedoch sehr selten, und allerhöchstens einmal. Herr Trump hat sich, bei aller Sympathie für seine “Hallo, bitte lecken Sie mich doch da, wo die Sonne nie hinscheint”-Attitude von seiner schlechtesten Seite gezeigt, als die Wahl zugunsten eines senilen Bidens ausging. Die Nachwehen des ganzen Theaters haben sich auch schon ins neuen Jahr übertragen und man hat sich zur Abwechslung mal nur gedacht: Piuh, zum Glück bin ich kein Amerikaner! 


Zwanzigzwanzig war ein Jahr des permanenten Ausnahmezustands. Der Ausnahmezustand brennt sich aber langsam in unsere Köpfchen, und so denkt man, wenn man einen Film anschaut und die Protagonisten sieht, nur: Hey, wo ist dein Mund-Nasen-Schutz, du verdammter Corona-Leugner-Nazi! Bis einem wieder einfällt, dass die Filme aus einer besseren Zeit stammen, einer anderen Zeit, in der sich einem der Speichel nicht in einem Stück Stoff vor dem Mund gesammelt hat und Corona nur ein alkoholhaltiges Erfrischungsgetränk war. 


Nun bleibt die Frage, was 2021 zu bieten hat. Werden Kriege die Welt auseinander reissen, wird der dunkle Fürst Cthulhu aus seinem Schlaf erwachen, oder entscheidet Jesus sich gar dazu, den Tag des jüngsten Gerichts starten zu lassen, auch wenn das gegen die aktuell geltenden Corona-Bestimmungen massiv verstiesse? Wir wissen es nicht, und wenn es uns jemand voraussagen könnte, dann nur die Simpsons, aber die sind nicht mehr lustig und niemand schaut mehr diesen Schrott.


In diesem Sinne: Ein erfolgreiches neues Jahr allen Lesern!

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