Rheinpromenaden-Nazi aka Gölä

"Bläääh!", schrie ich der Taube zu, als sie auf mein Hemd gekackt hatte. Über mir, vom Strommast herab, hatte sie sich entleert und warf mir jetzt einen boshaften Blick zu, der sagte: "Sieh mal, ich habe dir aufs Hemd gekackt, aber du kannst nichts dagegen tun... gurrgurr!"
Wie auch immer, mit Kleinigkeiten konnte ich mich nicht weiter aufhalten, lief deshalb zum nächsten Brunnen und machte den Fleck weg, so gut es eben ging. Aber gut ging es nicht. Gar nicht. All dies nur, weil ich vergessen hatte, am Tag zuvor Zigaretten zu kaufen und jetzt an einem Sonntag das Haus verlassen musste, um dies nachzuholen. Ein Sonntag ohne Zigaretten ist gestorben.

Gestorben ist für mich auch Gölä; nicht, dass er je für mich gelebt hätte, aber hegte ich ihm gegenüber früher noch gleichgültige Gefühle, so haben sich diese durch sein pathetisches Interview im Blick zu antipathischen gewandelt.
Vielleicht, denke ich jetzt gerade, lese ich ein bisschen zu viel Blick... Mittlerweile interessiert mich auch gar nicht mehr, wer das schwimmende Pärchen mit dem Boot angefahren hat. Auch, dass Monogamie eine Illusion ist -mittlerweile ein Thema, zu dem wohl jede Woche ein Interview von irgendwelchen Sexperten in irgendeiner Zeitung erscheinen muss- ist mir vollkommen gleichgültig, denn ich sage, dass alle, die sowas behaupten und danach leben, zu einem grossen Teil dauergeile, gefühlsgestörte Deppen sind. Ja ja, das und nichts anderes. Mittlerweile habe ich der Taube verziehen, dass sie mich als wandelnde Zeilscheibe für ihre naturgegebenen Bedürfnisse gebraucht hat. Man muss den Tieren auch mal etwas Spass gönnen. Immer nur im Labor als Versuchsobjekte gehalten, auf der Strasse getreten und ständig mit dem Rückgang ihrer Lebensräume konfrontiert, brauchen schliesslich auch sie ein wenig Zerstreuung. Verziehen sei dir, mein Täubchen.

Immer noch nicht verziehen sei dir, Gölä! Plötzlich finde ich, dass der Kerl aussieht wie ein Nazi. Nicht so ein gepflegter Decknazi wie die Wagners von den Bayreuther Festspielen, sondern so wie ein richtiger Rheinpromenaden-Nazi. Ich war schon länger nicht mehr am Rhein. Als ich das letzte Mal dort war, daran mag ich mich gut erinnern, ist ein wunderschönes Schwanenpaar an mir vorbeigeschwommen. Da musste ich gleich an mich denken, als ich das Männchen sah, dieses edle Tier. Bestimmt ist es kein Zufall, dass sich so prachtvolle Tiere ein Leben lang einander binden, wir zweibeinigen, kümmerlich behaarten Affen aber ständig von fremdrammeln reden und dies mit der Natur der Dinge begründen.
Affen bleiben nun mal Affen, ob sie nun in Häusern wohnen oder auf Bäumen klettern.
In diesem Sinne schönen Sonntag.

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