Der Wind trug `was zu mir her

Einmal, als ich so am Bahnhof rumstand und auf jemanden wartete, meine Freundin, ich habe nämlich eine, da kam ein Mann zu mir, vielleicht ein bisschen älter als ich und stellte mir folgende Frage: Darf ich mir eine Zigarette borgen?
Weil die Sonne am besagten Tag so schön geschienen hat und ich auch ziemlich fesch aussah, also einen guten Tag hatte, sagte ich: Nein, borgen darfst du sie nicht, denn ich kriege sie ja wohl kaum wieder zurück.
Verdutzt schaute der Mann mich an und ging weiter seines Weges, der ihn sehr wahrscheinlich am späten Abend auch noch in die Gassenküche geführt hat, aber dies ist reine Spekulation.

Solche Anekdoten könnte ich mittlerweile zu hunderten erzählen, wohl wie all jene, die täglich am Bahnhof Basel vorbeikommen. Entweder man wird von Tauben angeschissen oder den dort Rumgammelnden, die, den Tauben nicht unähnlich, zwar von den kleinen Gaben der Leute leben, sich aber einen Dreck darum scheren, wenn sie laut gröhlend und saufend die Bänke vor der Eingangshalle besetzen. Noch vor ein paar Jahren war das nicht so, glaube ich zumindest mich erinnern zu können. Man sollte es sich wieder zur Angewohnheit machen, auf eben diesen, sonst besetzten Bänken zu verweilen, vielleicht würde dies auch die gewohnte Klientel zum Umdenken bringen. Oder auch nicht. Wie auch immer, ich gehe jetzt in die Stadt. Falls ein Platz vor der Halle frei ist, werde ich mich dort hinsetzen und eine rauchen.
Wer mir jetzt Geschmacklosigkeit oder fehlende Sensibilität den Obdachlosen gegenüber vorwirft und sich vom Monitor genervt abwendet, der soll dies noch lesen: Ein anderes Mal, als ich an besagtem Ort sass, stand etwa drei Meter entfernt von mir ein Mann mit aufgeblähten Händen und auch sonst nicht eben hübsch anzusehen, goss sich in ein Bier in den Rachen und spuckte dann so heftig, dass ich einzelne Tröpfchen auf meiner Backe spüren konnte. Einzelne Tröpfchen, die der Wind zu mir getragen hatte. Einer von jenen übrigens, die es nie versäumen, nach Kleingeld oder einer Zigarette zu fragen.
Schön ist es, wenn man etwas geben kann, erhält man im Gegenzug dann auch was, ist es noch schöner. Aber auf die kleine Erfrischung hätte ich gerne verzichtet.

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